Heute rezensiere ich für euch mit DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT den Auftakt der Sci-Fi-Trilogie von D. K. Berg für die Zielgruppe Young Adult. Die sympathische Autorin habe ich auf der Buchmesse Liber Lestihr in Solingen kennengelernt. Nach einem anregenden Gespräch über ihr literarisches Schaffen durfte ich stolz und hocherfreut mit einem Rezensionsexemplar nach Hause gehen.

DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT im Überblick

Klappentext: Was, wenn du als Computercrack unfreiwillig auf einem Mond ohne Technik strandest? – Computernerd Jack O’Connor bringt sich mit seinen illegalen Programmierungen konstant in Schwierigkeiten. Als Senator O’Connor erfährt, dass sein Sohn entführt werden soll, zögert dieser nicht lange und versteckt Jack auf dem Getreidemond Luna V. Fernab von jeder Technik und ohne jeden weiteren Kontakt nach Hause. – Jacks Onkel regiert auf seiner Farm mit brutaler Härte und lässt seinen Neffen erbarmungslos für Dinge büßen, die weit in der Vergangenheit liegen. Erst ein überraschender Briefkontakt zu der berühmten Sternenakademie auf Terra Nova ändert die aussichtslose Lage. Doch der Preis, den Jack zahlen muss, ist hoch. – Auftakt der Sci-Fi-Trilogie über Gefahren, Geheimnisse und ein Computergenie, das den Schatten seiner Vergangenheit entkommen will.
Rezension von DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT
Inzwischen habe ich den Roman geradezu verschlungen. Dann habe ich ihn eine Weile auf mich wirken lassen. Und nun möchte ich endlich meine Eindrücke – fokussierend auf die wichtigsten Themen und Charaktere des Romans – mit euch teilen.
Der Rebellische Jack auf Terra Nova
Die Story beginnt im Jahr 2486 auf dem (aus unserer Perspektive betrachtet) futuristischen Planeten Terra Nova. Dort lebt Jack mit seiner liebevollen Mutter Isabelle und seinem strengen Vater Senator Aaron O’Connor. Jack begegnet uns hier zunächst angesichts einer drohenden Bestrafung verunsichert. Zugleich wirkt er aber auch selbstbewusst und fast schon etwas arrogant von den eigenen Fähigkeiten überzeugt. Dennoch bleibt er sympathisch. Denn Berg hat in ihm einen authentischen jugendlichen Protagonisten geschaffen, der seine Grenzen austestet. Dabei befindet er sich im typischen Wechselspiel der Gefühle und Verhaltensweisen des in der Pubertät aufbegehrenden jungen Menschen. Hierin liegt vielleicht auch der Grund für den wenig herzlichen Kontakt mit seinem Vater. Der wiederum wirkt in seinem geradezu gefühlskalten Umgang mit dem Sohn nicht eben liebenswürdig. Dennoch gelingt es der Autorin, zu zeigen, dass er sehr wohl von tiefer Sorge um Jack erfüllt ist.
klimatische & emotionale Dürre auf Luna V
Auf dem Mond Luna V verzichten die Menschen trotz zunehmender Dürre nahezu vollständig auf jede Technik. Dieses harte ländliche Leben ohne technische Hilfsmittel beschreibt die Autorin an vielen Stellen sehr detailliert. Dadurch gewinnt man eine genaue Vorstellung von der Lebenswelt und dem Farmalltag. Hier lebt Jack auf unbestimmte Zeit von schlimmstem Heimweh und Selbstzweifeln geplagt. Er hat keinen Kontakt zu Eltern oder früheren Freunden. Die verzweifelte und hilflose Gefühlslage des Jungen versteht Berg nachvollziehbar zu vermitteln. So lässt sie in ihm bspw. schon bei geringfügigsten Anlässen kurz eine irrationale Hoffnung aufkeimen, nach Terra Nova und zu den Eltern zurückkehren zu können:
Er würde seinen Vater wiedersehen! Und er könnte ihm beweisen, dass er sich verändert hatte. Er würde nach Hause zurückkehren können!
(Berg: DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT, S. 57)
Joe: selbstbewusst, ehrgeizig & Neugierig
Als sehr angenehm empfand ich die andere Protagonistin, Joe, in ihrem Alltag als Studentin auf Terra Nova. Mit ihrer offenen, wissbegierigen und selbstbewussten Art wirkt sie beim Lesen direkt sympathisch. Ihre Neugier und ihr Ehrgeiz sind weitere Eigenschaften, die die Figur abrunden und ihr Authentizität verleihen. Darüber hinaus fällt, wahrscheinlich auch weil sie mitunter ihr Herz sogar allzu sehr auf der Zunge trägt, eine Identifikation mit ihr besonders leicht.
Häusliche Gewalt: Der Antagonist Onkel Amos
Auf der Farm ist Jack – psychisch wie physisch – grausamen und brutalen Willkür von Onkel Amos vollkommen ausgeliefert. (Hierfür ist die Triggerwarnung zu Beginn des Buches meines Erachtens durchaus angemessen.) Die dadurch bewirkten Veränderungen im bis dahin eher rebellischen Charakter des Jungen sind unübersehbar. Man kann beobachten, wie Gewalt einen ehedem selbstbewussten jungen Menschen zu brechen droht. Weiterhin gerät Tante Marguerite, genannt Maggy, aufgrund der eigenen Angst angesichts der regelmäßigen Gewaltexzesse in einen Gewissenskonflikt. Auch ihr Verhalten macht die Lage für Jack sowie als Lesende zunehmend schwer erträglich.
Denn es gelingt der Autorin in ganz beeindruckendem Maße, die angespannte Stimmung, die Angst, Onkel Amos könnte wieder wütend werden und auf den Jungen losgehen, auf die Lesenden zu übertragen. Durch das Auftreten von Joe wird diese Atmosphäre dann zugleich abgeschwächt und gesteigert: Einerseits bringt dem Mädchen ihr Charakter im Umgang mit Onkel Amos beträchtliche Schwierigkeiten ein. Und ihr Benehmen erhöht pausenlos das Risiko eines Wutausbruchs. Andererseits gibt aber ihre Selbstsicherheit auch gegenüber Onkel Amos sowohl Jack als auch Maggy etwas Rückhalt und dadurch neuen Mut.
Zum sprachlichen Stil
Berg hat es in ganz herausragender Weise geschafft, die Spannung bei mir als Leserin durchgehend aufrechtzuerhalten. Ich habe mich auch in Abschnitten, in denen – innere oder äußere – Gegebenheiten detaillierter beschrieben werden, niemals gelangweilt. Ein Beispiel verdeutlicht, wie die Autorin es versteht, mit ihren Beschreibungen nicht nur Bilder in den Köpfen Lesender entstehen zu lassen, sondern auch Gefühle auf sie zu übertragen:
Schon dieser kleine Kraftakt kostete ihn viel Energie und kurz überlegte er, sich doch wieder hinzulegen. Doch die Unruhe, die ihn kurz nach dem Aufwachen erfasst hatte, ließ ihn nicht los und schien immer weiter zu wachsen. Sie trieb ihn aus dem Zimmer, das irgendwie in letzter Zeit eine gewisse Schräglage bekommen zu haben schien. Überhaupt wirkte das gesamte Haus irgendwie verzerrt.
(Berg: DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT, S. 174)
Der Effekt des Spannungserhalts liegt neben den für die Romanhandlung wichtigen und interessanten Inhalten zu einem bedeutenden Teil auch an diesem grundsätzlich mitreißenden, weil sehr anschaulichen Schreibstil der Autorin.
Fazit zu DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT
Ich konnte das Buch tatsächlich beim Lesen kaum aus der Hand legen. Das liegt teilweise daran, dass es aktuell relevante Themen zur Sprache bringt, denn das mag ich. Mit der „Dürre“ spielt es einerseits natürlich auf die Problematik des Klimawandels an. Andererseits geht es, insbesondere im Zusammenhang mit dem zentralen Themenkomplex der häuslichen Gewalt, ebenso um zwischenmenschliche emotionale Beziehungen und deren Bedeutung. Die Spannung bzw. Anspannung ist phasenweise extrem hoch, so dass die zwischendurch auch immer wieder auftretenden Abschnitte der Entspannung zumindest für mein emotionales Gleichgewicht geradezu notwendig waren. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt.
Meine Empfehlung
Insgesamt ist DÜRRE – SCHATTEN DER VERGANGENHEIT ein Young-Adult-Sci-Fi-Roman mit von vorne bis hinten fesselnder Story voller (Familien-) Geheimnisse. Davon werden manche, aber nicht alle im Handlungsverlauf aufgeklärt, so dass man recht zufrieden ist, aber auch noch neugierig auf die Fortsetzungen bleibt. Die Zielgruppe bezeichnet meiner Einschätzung nach eher die jüngstmögliche Altersgruppe, für die der Roman geeignet ist. Denn er eignet sich auf jeden Fall sehr gut auch noch für deutlich ältere Erwachsene. Und zuletzt endet dieser erste Band der Trilogie dann mit einem geschickten Cliffhanger wie ich ihn in diesem Maße selten erlebt habe. Die Handlung wird gefühlt einfach abgebrochen und man möchte wirklich sehr, sehr dringend wissen, wie es denn nun weitergeht – chapeau, Frau Berg, ich BRAUCHE jetzt für mein leserisches Seelenheil unbedingt Band 2 und 3!
Wenn ihr genau wie ich eine spannende Sci-Fi-Handlung (ohne Aliens, Raumschiffe, Glibber und Monster, dafür aber) mit emotionalem Tiefgang und vielschichtigen, sich im Verlauf der Handlung entwickelnden Charakteren mögt, kann ich euch diesen Reihenauftakt uneingeschränkt empfehlen. Dass es insgesamt eine Trilogie ist, macht DÜRRE aus meiner Sicht zusätzlich sympathisch. Denn man darf so etwas mehr Zeit mit den liebgewonnenen Figuren verbringen und muss sich nicht gleich nach einem Band wieder von ihnen trennen.
Neugierig geworden? oder kennt ihr ähnliche Romane, die ihr empfehlen könnt? Dann lasst mir einen Kommentar hier! Ich bin gespannt!
Eure Zeilenschreiberin
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